Behavioural Finance

Die Behavioural Finance-Forschung ist ein Zweig der Wirtschaftswissenschaften, der sich mit dem Handeln der wirtschaftlichen Akteure auf Finanz- und Kapitalmärkten unter Einbeziehung von Erkenntnissen aus der Verhaltenspsychologie befasst. Hauptanliegen der Behavioural Finance-Forschung ist die Erklärung von solchen Verhaltenweisen, die mit dem traditionellen Menschenbild der Wirtschaftswissenschaften, dem rationalen Homo oeconomicus, unvereinbar sind. Eine der wichtigsten Erkenntnisse dieser Disziplin ist die Widerlegung der Hypothese von den effizienten Märkten (mit Homines oeconomici als Markttilnehmer) anhand der folgenden psychologisch begründeten Verhaltensmuster:[1]

1. Übertriebener Optimismus (over-optimism): Der Glaube an den Eintritt des Erfolges ist unverhältnismäßig groß im Vergleich zu der tatsächlichen Eintrittswahrscheinlichkeit. Umgekehrt wird die Wahrscheinlichkeit einer negativen Entwicklung unterschätzt.

2. Selbstüberschätzung (over-confidence): Die eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse werden regelmäßig zu hoch angesetzt. Folgerichtig werden für Misserfolge äußere Umstände und nicht das eigene Handeln verantwortlich gemacht.

3. Kognitive Dissonanz (cognitive dissonance): Sind bestimmte Erkenntnisse oder Annahmen miteinander unvereinbar, so führt das zu einer inneren Anspannung, die nach Auflösung der Widersprüche verlangt. So werden Fehler ungern eingestanden, da dies mit den zuvor getroffenen Annahmen unvereinbar wäre.

4. Bestätigungstendenz (confirmation bias): Das eigene Handeln bestätigende Tatsachen werden höher gewichtet als dieses in Frage stellende Tatsachen.

5. Festhalten an Hypothesen (conservatism bias): Bereits getroffene Annahmen oder Entscheidungen werden ungern infrage gestellt.

6. Verankerungsheuristik (anchoring): Bei unklaren Verhältnissen wird gerne eine völlig beliebige Schätzung, Anker genannt, als Ausgangspunkt weiterer Überlegungen unreflektiert übernommen.

7. Verallgemeinerung (representativeness heuristic): Mit wenigen Erfahrungswerten wird auf die Grundgesamtheit geschlossen. Davon abweichende Fälle werden als „Ausrutscher“ abgetan.

8. Verfügbarkeitsheuristik (availability bias): Verfügbare oder vertraute Informationen werden für wichtiger gehalten als nicht verfügbare bzw. vertraute.

9. Unsicherheitsvermeidung (ambiguity aversion): Je weniger vertraut die Umstände sind, desto stärker sinkt die Risikobereitschaft.

Diese Faktoren können zu massiven Fehlbewertungen auf Märkten führen. Vermeintlich rationale Marktteilnehmer, welche die Bewertungsfehler erkennen, bewirken theoretisch durch Arbitragegeschäfte tendenziell eine Normalisierung der Bewertung.

Autor: Dipl.-Bw. (FH) MZ