Die Hermeneutik
ist eine Transzendentalphilosophie, soweit unter dem Begriff
erkenntnistheo- retische Fragestellungen erörtert werden und
der dabei vertretene Ansatz gemäß folgenden
Ausführungen
in eine
Reihe mit Immanuel Kants Transzendentalphilosophie
zu stellen ist.
Ausgehend von Kants „Kopernikanischer
Wende“,
bei der dieser den
Erkenntnissuchenden in den Mittelpunkt des Erkenntnisprozesses
anstelle
des Erkenntnisobjektes legte, um die „Bedingungen
der
Möglichkeit von Erkenntnis“ zu
ergründen,[1]
wurde
die bis dahin gültige erkenntnistheoretische Maxime von der
vom Erkenntnissubjekt
losgelösten Wahrheit nach und nach verworfen.[2]
Für seinen erkenntnistheoretischen Ansatz vewendet Kant
den Begriff
Transzendentalphilosophie, welche die Bedingungen des einer
möglichen Erfahrung vorausgehenden Verstehens
erörtert (daher transzendental, d. h. der Erfahrung
vorausgehend).
Während Kant bei der subjektgebundenen
Perspektive auf die
Unvollkommenheit der (dem Denken vorauszusetzenden) Sinneswahrnehmung[3]
und
auf das Denken anhand vom Subjekt für die
Sinnenseindrücke gebildeter, stets die Mannigfaltigkeit des
Erkenntnisobjekts nicht widerspiegelnder Begriffe,[4]
verweist,
stellt die philosophische Hermeneutik die bereits vom Subjekt
verarbeiteten
Erfahrungen heraus, welche in neue Erkenntnisse und Verstehensakte
eingingen. In den Worten von H.-G. Gadamer werden diese Erfahrungen auf
„dem gemeinsamen Boden der
öffentlichen Welt, auf
dem wir stehen“, gemacht und gründen auf
dem „gesicherten Bestand der
öffentlichen Einsichten,
aus dem wir leben“.[5]
Somit stellen die verarbeiteten Erfahrungen sozio-kulturelle
Prägungen dar, die in bewussten oder unbewussten
Geisteshaltungen und Grundanschauungen münden, mit denen man
der Welt begegnet, und welche deren Deutung, deren Erkennen und
Verstehen von vorne herein mitbestimmen.
Autor: Dipl.-Bw. (FH) Michael Zabawa
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